

Die Idee zu meiner Arbeit Me / Copy entstand, als ich zufällig auf ein Selbstportrait der Künstlerin Claude Cahun von 1927 stieß. Ich empfand in Ihrem Aussehen und Ihrer Körperhaltung eine so starke Ähnlichkeit zu mir, die mich verwirrte und gleichzeitig faszinierte. Daraus entstand der Gedanke das Foto mit mir selbst nachzustellen. Es interessierte mich, wie sehr sich das Bild verändert, wenn ich die Umgebung und Gegenstände genau nachbaue und nur mich durch die sich selbst portraitierte Frau ersetze. Bleibt die Bildaussage die gleiche? Ist eine Person in einem Selbstportrait austauschbar? Was sagt das Foto über mich persönlich aus, wenn ich die Bildsprache einer anderen Künstlerin genau übernehme und sie mir aneigne?
Daraufhin habe ich 14 Selbstportraits von verschiedenen Künstlerinnen und Fotografinnen re-inszeniert. Das Subjekt der daraus entstandenen Bilder bin jeweils ich. Durch diesen Prozess des Ersetzens der ursprünglichen Protagonistinnen, jedoch dem Übernehmen ihrer genauen Posen, Requisiten, Umgebungen und den dahinter verborgenen Geschichten entsteht ein neues Selbstportrait – ein Portrait meiner Selbst bestehend aus verschiedenen Facetten die dadurch auf mich überzugehen scheinen.
Die von mir ausgesuchten Selbstportraits sind zwischen 1863 und 2007 entstanden, wobei die Entstehungsdaten der Bilder eine untergeordnete Rolle spielen. Ich habe nach intimen Selbstdarstellungen von Frauen seit dem Beginn der Fotografie gesucht, die eine bestimmte Art von Verletzlichkeit und Selbstironie zeigen und in denen ich mich selbst wiederfinden kann, sei es äußerlich oder inhaltlich.
Ich habe jedoch nicht nur das äußere Erscheinungsbild der Selbstportraits nachgestellt und bis ins kleinste Detail bewusst inszeniert, sondern auch technisch sowie formal die gleichen Aufnahmetechniken benutzt wie die Bildurheberinnen. So habe ich alle Fotos analog mit Kleinbild, Mittelformat oder Großformat fotografiert. Auch die Lichtsetzung ist eine präzise Nachempfindung der Vorlagen.
Obschon ich die Bildideen der Originale genau kopiere und sie bildlich zu meinem Eigen mache, wird den Betrachtern und Betrachterinnen nie vollständig klar sein, inwieweit sie mich selbst darin wiedererkennen können. Ein Rollenspiel um die Begriffe Selbstbild und Identität.
Im Vergleich zu den Vorlagen funktioniere ich bei diesem von mir konstruierten Selbstportrait – sowohl inhaltlich als Kuratorin, als auch visuell als Abgebildete – wie ein Bindeglied zwischen den in ihrem Ursprung sehr unterschiedlichen Positionen.
Dieser neu geschaffene Zusammenhalt wird durch die Hängung der Bilder noch verdichtet, die die einzelnen Fotografien gleichzeitig zu einem großen Bild vereint, den Erhalt des vagen Charakters einer erweiterbaren Sammlung dennoch zulässt
BetrachterInnen kombinieren das Gesehene mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen. Ihnen dabei in Form von Quellenverweisen zur Seite zu stehen habe ich bewusst unterlassen. Allein der Titel kann als Deutungshilfe herangezogen werden. Damit führt die Identitätssuche zu keinem klaren Ergebnis.